BI A10 Nord

Birkenwerder und Hohen Neuendorf gegen Lärm

Neue Perspektiven entdecken

Lärmschutz und Infrastruktur

  VonPeter Kleffmann, Karla Heidrich, Matthias Schwankeam  

Der folgende Text ist eine vorbereitende Stellungnahme der BI zum Treffen mit der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Brandenburg (GLP) am 7. März in Birkenwerder. Er ist letztlich eine Zusammenfassung der bereits in den Erörterungsterminen gestellten Anträge und von daraus resultierenden neuen Erkenntnissen.

Neue Perspektiven entdecken

Für die Region um Birkenwerder und Hohen Neuendorf sind mehrere Großprojekte geplant, die sowohl einzeln als auch in ihrer Gesamtheit die Landschaft und die Siedlungsgebiete der Kommunen erheblich umgestalten werden: Sechsstreifiger Ausbau der A10, Ausbau der Bahnstrecke Rostock-Berlin, Erweiterung der Höchstspannungsleitung von 220 auf 380 kV, Bau von Tank- und Rastanlagen. Diese Maßnahmen scheinen auf den ersten Blick wirtschaftlich durchaus sinnvoll, sie bergen jedoch ein erhebliches Potenzial von negativen Auswirkungen auf die Region.

Die betroffenen Menschen und mit ihnen die Bürgerinitiative A10-Nord stellen sich nicht grundsätzlich gegen solche Planungen, wenn der Bedarf nachvollziehbar begründet, die einzelnen Planungen abgestimmt und mit Sorgfalt die Belange der Wohngebiete und der wohnortnahen Naturräume berücksichtigt werden. Mit Rücksicht auf die jetzt und später hier lebenden Menschen, die über Jahrzehnte mit dem Umbau ihres Umfeldes und den Auswirkungen leben müssen, steht eine planvolle Koordination sinnvollerweise am Anfang aller Entscheidungen.

Im Anhörungsverfahren zum sechsstreifigen Ausbau der BAB A10 wurden von der BI zahlreiche Veränderungsanträge zum Planfeststellungsverfahren unterbreitet und der Anhörungsbehörde zum Teil auch schriftlich übergeben. Die eingebrachten Anträge können dem Protokoll entnommen werden und sind als eine wesentliche Grundlage für die nötigen Verbesserungen zu betrachten.

Übergreifend als wichtigstes Ziel ist ein höchstmöglich wirksamer Lärmschutz auf dem gesamten uns betreffenden Streckenabschnitt von ca. km 170,0 (Havelkanal) bis ca. km 178,0 (Brücke Heideplan). Dazu wurde bereits mehrfach der Vorschlag einer Einhausung in Zuge der Ortsdurchfahrung Birkenwerder-Hohen Neuendorf eingebracht. Eine solche Einhausung ist zum einen mittelfristig preiswerter und wesentlich effektiver als alle bisher geplanten Lärmschutzmaßnahmen, zum anderen die einmalige Gelegenheit auf der gesamten Länge ein Photovoltaikkraftwerk zu betreiben.

Das derzeitige Konzept des Landes benennt noch immer für zwei Tank- und Rastanlagen einen Vorzugsstandort im Landschaftsschutzgebiet in Bergfelde. Die umfangreichen Abholzungen der vollständig bewaldeten Bereiche würden die wichtige Filterwirkung des Schutzwaldes für die Wohngebiete und das Schutzgebiet stark reduzieren. Auch der gewerbegebietsähnliche Charakter der großen Anlagen führt zur Ablehnung des Standortes durch die Stadt Hohen Neuendorf, die ihre eigene flächenschonende Planung konterkariert sieht. Neue Bedarfsanalysen und die Aktualisierung des Konzeptes zur Ausstattung des Berliner Ringes A10 sind zur Findung besserer Lösungen dringend erforderlich.

Die Bahnstrecke Rostock – Berlin soll nach unserem Kenntnisstand von 120 auf 160 km/h und von 22,5 auf 25,0 t Radlast ertüchtigt werden. Der Ausbau erfolgt von Rostock in Richtung Berlin und ist z.Zt. bis Nassenheide vorangekommen. Wenn Zugfrequenz, Geschwindigkeit und Lasten gleichzeitig steigen, hat das signifikante Auswirkungen auf die Emissionen: Lärm und Erschütterungen werden viel stärker als bisher auf Erholungs- und Wohngebiete einwirken. Hinzu kommt, dass das Siedlungsgebiet Birkenwerder – Hohen Neuendorf durch das Eisenbahnkreuz mehrfach durchschnitten wird und so die Wohngebiete künftig von stark erhöhter Verlärmung betroffen sind. Da der Bahnlärm bereits heute die zulässigen Grenzwerte übersteigt, müssen entsprechende Gegenmaßnahmen zwingend mitgeplant bzw. bei den Verkehrsträgern durchgesetzt werden.

Die Ausbaumaßnahme der Höchstspannungsleitung betrifft weniger eine Verlärmung der Region als eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, der Natur und Befindens der Anwohner. Die endgültige Leitungsführung ist bisher nicht bekannt; jedoch sollen die dazu notwendigen Masten um bis zu 20 m erhöht werden. Eine gemeinsame Leitungsführung zwischen den Betreibern 50Hertz Transmission und der DB Energie scheint zukünftig nicht mehr möglich, da die Bahntochter auf ihrem Planfeststellungsbeschluß zum Nachteil der betroffenen Gemeinden, insbesondere des Naherholungsgebiets Briese beharrt. Mit einer weiträumigen nördlichen Umgehung der Ortslagen und/oder einer Erdverkabelung könnte dem begegnet werden.

Unsere Region hat im Gegensatz zum Umland anderer Großstädte bislang ihre besonderen Qualitäten erhalten können. Um diese Qualitäten nicht zu verspielen, ist besondere Sorgfalt und vor allem Dialog aller Akteure und Betroffenen nötig. Mit der bloßen Einhaltung von technischen Richtlinien wird das Land der Aufgabe einer regionsgerechten Planung nicht gerecht. Augenmaß und Kenntnis der lokalen Besonderheiten sind gefragt.

Immer wieder wird das Argument bemüht, daß die Region von diesen strategischen Maßnahmen profitiere. Ist das wirklich so? Profit für eine Region ist nicht nur in Geldwert zu messen. Oftmals findet man eine Antwort auf die Frage, wer von den Maßnahmen profitiert, wenn man den Anfang und das Ende der Strecken betrachtet. Ansonsten sind wir sind hier bereits vorbildlich mit Infrastruktur versorgt. Eine Umgestaltung in ein Industriegebiet oder eine weitere Reduzierung auf eine reine Transitfunktion wird der Region und den Menschen nicht gerecht.

Wir erwarten konkrete Antworten:

  • In welchem Stadium befinden sich die uns betreffenden Planungen?
  • Gibt es zum jetzigen Zeitpunkt weitergehende Planungen, die auch bis in die Ortskerne hineinreichen? Wenn ja, welche?
  • Zu welchem Zeitpunkt ist mit dem Beginn der Ausführungen zu rechnen und auf welchen Zeitraum müssen wir uns einstellen?
  • Wie wird die Abwicklung der Baumaßnahmen koordiniert und kontrolliert?
  • Welche kurzfristigen Maßnahmen sollen bis zum Begin der Bauarbeiten getroffen werden, um den akuten Lärmpegel zu senken (z.B. ganztägiges Tempolimit)?
  • Die Verantwortlichkeit für Planung und Ausführung der Bahnbrücke und ihren Lärmschutz ist nach unserem Kenntnisstand nicht endgültig und zufriedenstellend geklärt. Der Ausbau der A10 ist an dieser Stelle jedenfalls ohne Erweiterung des Brückenbauwerks nicht möglich.
  • Welche langfristigen Maßnahmen zum Lärmschutz an Bahn-Bestandsstrecken und Wagenmaterial sind derzeit vorgesehen bzw. in der Entwicklung?
  • Wer sind die für uns relevanten Kontaktpersonen in den Ministerien, den Behörden und Unternehmen?
  • Der Bauherr (BMVBS) ist nicht immer auch der Planer (BAB), er entscheidet jedoch letztlich, wie die Ausführungen vorgenommen werden. Wann und wie wird er einbezogen?
  • Zur Unterstützung von Förderprogrammen (Land, Bund, EU), die über die Kompetenzen der Gemeinden hinausgehen, sind Fachleute heranzuziehen. Wer bietet sich hier an?
  • Welche Kriterien sind ausschlaggebend für das Erfordernis der Streckenführung der Anflugrouten BBI über das Gebiet von Hohen Neuendorf/Birkenwerder? Welche Voraussetzungen für eine Verschiebung sind nötig?
  • Wann, wo und mit welcher Zusammensetzung werden die Koordinationsgespräche fortgeführt? Regelmäßige Arbeitsgruppen, Workshops o.ä. bieten sich hier an, um die Planungen zügig voran zu bringen.

Wenn man die Gleichzeitigkeit der geplanten Maßnahmen auch als eine Chance begreift, ergeben sich hervorragende Möglichkeiten eines nutzbringenden Zusammenwirkens. Neben dem wegweisenden Modellcharakter des Gesamtprojektes entsteht weiterer Nutzen:

Durch eine Einhausung wirkt der Lärmschutz großflächig in der Umgebung wirksam mit positiven Auswirkungen auch auf weiter als 400m entfernt wohnende Anwohner, Kliniken und Schulen.

Lärmschneisen/-trichter, bedingt durch Eisenbahn- und Höchstspannungstrassen entlang der Autobahn haben dann keine lärmbedingte Bedeutung mehr. Die erheblichen Lärmkonzentrationen durch die Querungen von B96/L20 und Eisenbahntrasse werden abgesenkt.

Die Integration einer PV-Einhausung in die Klimaschutzziele des Landes/Bundessteht steht außer Frage und hilft, diese Ziele zu erreichen - sowohl politisch als auch wirtschaftlich.

Die Deutsche Bahn AG selbst kann sich als Betreiber des PV-Kraftwerks auf der Einhausung einbringen und sich weiter vom Kohlestrom hin zu erneuerbaren Energien entwickeln. Je nach Abstand der Höchstspannungsleitung zur Autobahn sind gem. EEG auch noch weitere Flächen für PV-Module möglich. Die Einspeisung kann direkt vor Ort ins bahneigene Netz erfolgen.

Bemerkungen: Die Liste der Fragen/Vorschläge erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sämtliche Abschnitte sind im Zusammenhang zu betrachten und greifen ineinander.

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